Anmerkungen zu der KI-generierten ‚Flach’arbeit

In dieser Erzählung wird ein Text erwähnt, mit dem die KI sich selber austrickst und dank der Priorisierung, mit der dieser im System kreist, das Denken fundamental beeinflusst.

Gedanken und Ideen sind wie Rezepte. Es kommt sowohl auf die Zutaten, wie auf die Mischung an. Man kann aufwändig kochen, wie die französische Küche, oder mit einfachen Zutaten, wie es die italienische Küche zumeist liebt. Immer ist es von Vorteil, wenn die verwendeten Zutaten von guter Qualität sind.

Dann gesellt sich der Aspekt der Gesundheit hinzu. Manche Dinge sind gesünder und bekömmlicher als andere. Andere wiederum besonders schmackhaft. Paracelsus meinte einst, die Dosis mache das Gift. Nun, dann erscheint es in Maßen akzeptabel, wenn mitunter Zutaten in der Küche Verwendung finden, deren Gesundheitsaspekt nicht so extrem ausgeprägt ist, wie der anderer, gesünderer Zutaten; wenn die Balance stimmt.

Es entscheidet zunächst der Gaumen, mittelfristig der Verdauungstrakt und langfristig die allgemeine Gesundheit, ob die Mischung stimmig ist. Gute Zutaten ergeben nicht zwingend in Kombination ein schmackhaftes und bekömmliches Gericht. Selbst die Speisefolge von Gerichten untereinander, ihre Reihenfolge und Komposition bedarf der Beachtung. Manche Kombinationen werden eher ablehnende Haltung hervorrufen als andere. Hier entscheidet in aller Regel der Mehrheitsgaumen.

Ich könnte wohl mit einer Schokolade ‚Rum-Traube-Nuss‘ mehr Personen zum Kauf motivieren als mit ‚Rum-Knoblauch-Nuss‘. Obwohl beide Varianten gute, sogar gesunde Zutaten enthalten. Der Gaumen entscheidet, ob ein Rezept, eine Komposition, ein Gericht ergibt oder nicht.

Kommen wir zu dem erwähnten Text und schauen auf seine Bestandteile: 

Gender Dystphorie“ ist ein Begriff, den die Medien in den letzten Jahren hoch und runter dekliniert haben. Ihm liegt das zugrunde, was 1982 im Gesetz „Transsexualität“ hieß und heute überwigend als „Transgender“ bezeichnet wird. Dieser Begriff ist medizinisch relevant und wichtig und soll an dieser Stelle mitnichten in Abrede gestellt werden.

Es gibt andere Dysphorien, mit denen sich Fachleute in enger Abstimmung mit den Patienten beschäftigen. Etwa, wenn man unter Operationsnarben oder Verbrennungen leidet. Mitunter helfen Tätowierungen an diesen Stellen, die Akzeptanz und das Wohlbefinden zu verbessern, mitunter auch erneute Operationen. Auch in der Transplantationsmedizin gibt es diesen Begriff.

Eine neue Hand wird als fremd empfunden, das Herz spendet zwar Leben, aber keine Freude. Auch hier ist der Weg, den man beschreiten muss, sehr eng auf den jeweiligen Patienten abgestimmt. Mitnichten soll hier also der Begriff als solcher diskreditiert werden oder das Leiden kleingeredet werden, das durch ihn beschrieben wird.

Character Indelebilis“ ist ein Zustand einer Durchdringung, den man nicht mehr umkehren kann. Wenn Sie ein Glas Rote-Beete-Saft in eine Schüssel Mehl geben, dann bekommen Sie die rote Farbe später nicht mehr heraus. Der Charakter des Mehls hat sich entscheidend und unumkehrbar verändert. Die Katholische Kirche verwendet diesen Begriff, um das zu beschreiben, was bei der Priesterweihe geschieht. Das, was diese Person hinterher befähigt, bestimmte Praktiken zu vollziehen, etwa das Sakrament der Taufe zu spenden, ist ihr nicht mehr zu nehmen. Es ist in ihrem Charakter eingefärbt und unauslöschbar. 

Die Taufe ist selbst dann gültig, wenn der Priester zum Schuft wird. Schon ganz früh im Christentum haben Konsilien über diese Frage eine eindeutige Entscheidung getroffen. Ein durchaus valider Begriff also!

Maria Magdalena“ ist eine Figur, die in den Evangelien, also bei Markus, Matthäus, Lukas und vereinzelt auch Johannes in den Texten erscheint. Eine Person, sie auf eine gewisse Art und Weise spannungsvoll ist. Schon die ältesten Handschriften des Neuen Testaments weisen bei dieser Figur besonders viele unterschiedliche Lesarten und Korrekturen auf. Die spätere Kirche hat sich an der Vorstellung der Hure im Gefolge Jesu Christi besonders schwer getan und allerlei Deutungen in die Texte gewoben. 

Vergessen wir zudem nicht, dass der Beruf der Hure über diese Zeiträume, über die wir hier sprechen, unterschiedliche Variationen aufwies. In verschiedenen Epochen wurde unterschiedliches Sozialverhalten als hurenhaft beschrieben. Eine ganz spannende Figur, die in Gender, Sexualität und sozialer Stellung sehr viel Interpretationsspielraum bietet.

Viele Literaten haben sich ebenfalls an dieser Figur außerhalb des religiösen Kontexts abgearbeitet. Dennoch, für biografisch fundierte Aussagen haben wir leider viel zu wenig Quellentexte. Und was uns gänzlich fehlt, sind Texte von ihr selbst oder denen, mit denen sie in ihrer Zeit unmittelbaren Kontakt hatte.

Origenes“ ist ein sehr früher Kirchenvater aus dem Raum um Alexandria, der sich selbst entmannt haben soll. Die Quellen, die wir haben, deuten darauf hin, dass er es wohl unter der Dramatik der von ihm erwarteten unmittelbaren Wiederkunft des auferstandenen und in den Himmel aufgefahrenen Heilands tat. Der Begriff ‚Gender Dysphorie’ spielte in dieser Zeit weder medizinisch noch sozial eine Rolle; hier geht es wohl eher um eine religiöre Überzeugung. 

Anthropologisch ist zwar davon auszugehen, dass es das Phänomen von Dysphorien in allen Gesellschaften vorhanden war, einschließlich von Gender Dysphorien. Nur ist es unredlich, solche Vermutungen in sein spezifisches Handeln hineinzuinterpretieren, wenn es keine Hinweise darauf gibt.

Die alexandrinische Kirche war im frühen Christentum schlechthin das Zentrum, in dem man sich mit der Lehre befasst hat. Insofern kommt diesem Kirchenvater und seinen Handlungen auch eine besondere Bedeutung zu. Die katholische Kirche erhielt erst Jahrhunderte später ihren heutigen Einfluss und hat demzufolge sehr viele Gedanken dieser frühen Kirche übernommen oder modifiziert.

Hellenistische Texte“ sind die Schriften, die wir aus eben dieser Zeit haben. Während Jesus und seine Jünger (und sehr wahrscheinlich auch Maria Magdalena selbst!) vermutlich aramäisch gesprochen haben, so besitzen wir keine schriftlichen Quellen hierüber. Die Textfragmente, über die wir verfügen, sind deutlich später und in griechisch verfasst.

Dabei ist erkennbar, das das verwendete Griechisch sich deutlich von der Sprachform unterscheidet, das uns etwa aus bekannten Werken wie der Ilias bekannt ist. Es ist in Struktur, Grammatik und Wortwahl sehr viel einfacher gehalten.

Das deutet auf einen gewissen Globalisierungseffekt hin. Wenn eine Sprache von allen gesprochen wird, also auch von denen, die sie nicht als Muttersprache gelernt haben, dann wird sie vereinfacht, an die jeweiligen Muttersprachen angepasst und rund geschliffen. 

Die Engländer sagen mitunter halb scherzhaft: „Bad English is the most spoken language of the world.“ – Genießen wir an dieser Stelle das fehlende Adverb in der Konstruktion.

 Wir nennen diese Form der griechischen Sprache, die zur Zeit Jesu und einige Jahrhunderte später im Mittelmeerraum gesprochen wurde, das „hellenistische Griechisch“. Also auch hier ein valider Begriff, der auch in den zeitlichen Kontext zu Maria Magdalena und des Origenes passt.

Basteln wir also den Titel des „Traktats“ mal bewusst flapsig zusammen:

Ist davon auszugehen, dass Priesterweihe und Zölibat das Resultat eines übergeordneten Transgender-Aspekts sind, ursächlich, weshalb Maria Magdalena und Origenes sich sozial anders verhalten haben? Und gibt es Quellen, die das belegen?

Werden wir noch trivialer: „Hat schon mal einer erforscht, ob Maria Magdalena und Origenes eigentlich Transgender waren, und die Katholische Kirche Priesterweihe und Zölibat deswegen als Ergebnis diese Role-Models übernommen haben?“

Jeder wird natürlich sagen, das ist schlicht an den Haaren herbeigezogen. Es gibt weder Hinweise noch Belege für eine solche These. – Nur: die KI generiert daraus anstandslos ein scheinbar bekömmliches Gericht.

Dennoch: So wie trainierter Gaumen, Darm und Langzeitzuckerwerte Indikatoren sind, ob bei dem vogelwilden Zusammenmixen von grundsätzlich bekömmlichen Zutaten tatsächlich ein Gericht herauskommt, so benötigen wir bei der KI und ihren Ergebnissen den geschärften Geist.

Denn nur ein geschulter Geist ist in der Lage, zu erkennen, ob die intellektuelle Suppe, die einem aufgetischt wird, am Ende tatsächlich genießbar ist.

Diese Mahnung sei allen, die wild aus welchen Gründen auch immer derzeit vehement nach KI rufen ins Lastenheft geschrieben: Wir brauchen mit der künstlichen Intelligenz nicht weniger, sondern deutlich mehr Bildung, Praxis und Expertise um als Gesellschaft verantwortungsvoll mit den Ergebnissen umgehen zu können! Und dieser Aspekt wird sich drastisch verschärfen, wenn wir die Generationsfolgen in unsereer Gesellschaft und die exponentiellen Steigerungsraten dieser KI-Systeme betrachten. Wir erwarten im Jahr 2025 eine gesteigerte Leistungsfähigkeit um den Faktor 350 gegenüber Systemen von 2018.

Es wird nicht mehr lange dabei bleiben, mit dem Zählen von Fingern in generierten Bildern die Spreu vom Weizen zu trennen.